„Inexorable Transition“

Krisen – wie die Corona-Pandemie – sind Phänomene eines unerbittlichen und unaufhaltsamen, eines erbarmungs- und kompromisslosen Wandels. Diesen liminalen Charakter des pandemischen Ausnahmezustandes bringt Nicole Johänntgen in ihrem Beitrag, dem Orgelstück „Inexorable Transition“, zum Klingen. Dabei betont die Jazzsaxofonistin und Komponistin weniger die Ängste vor dem Ungewissen; vielmehr bringt sie die Hoffnung auf Lernprozesse zum Ausdruck: „Wir kennen die Zukunft nicht, und es stehen uns immer wieder Aufgaben bevor, die wir zu bewältigen haben. Aus der Komfortzone heraus in das neue Wir.“ Diese optimistische Deutung der krisenhaften Schwellenzeit hat Johänntgen in eine zweiteilige Komposition übersetzt, in deren Verlauf die Orgel selbst zahlreiche Wandlungen durchspielt: Langanhaltende Liegetöne eröffnen das Stück und bilden im Verlauf der Partitur weitere Ruheinseln der Stasis – die von dynamischen Teilen umströmt und geflutet werden, welche die Potenziale von Veränderung und Entwicklung feiern. Fließende Viertelbewegungen, gespannte Achtelläufe und treibende Triolen werden von ausdifferenzierten Rhythmen abgelöst, die in hymnischen Schlussakkorden münden – welche den Übergang in eine neue, aus der Krise erwachsene Ordnung anzeigen.

                                                                                                                                                                                         Dr. Anna Schürmer

Zur Video-Aufnahme von „Inexorable Transition“
Zum Gespräch von Nicole Johänntgen über "Inexorable Transition" bei SWR2 Treffpunkt Klassik

Nicole Johänntgen

Die Komponistin und Saxofonistin Nicole Johänntgen wurde 1981 in Fischbach-Quierschied geboren. Sie absolvierte in Mannheim ein Saxofonstudium im Bereich Jazz und Popularmusik sowie ein Aufbaustudium im Fach Komposition und Arrangement. Mit ihren Bands tourt Johänntgen durch ganz Europa und ist zudem als Solistin international gefragt. Sie ist Preisträgerin mehrerer Jazz- und Kompositions-Wettbewerbe, u.a. gewann sie den „JTI Trier Jazz Award“ und einen Kompositionswettbewerb anlässlich des 25. Jubiläums des Züricher Jazzclubs „Moods“. Nicole Johänntgen setzt sich für die Ausbildung und Förderung junger europäischer Musikerinnen ein: So initiierte sie 2013 das Weiterbildungsprogramm „SOFIA – Support Of Female Improvising Artists“. Im Jahr 2015 gründete sie außerdem den „Kids Jazz Club“, um Kindern einen Einstieg in die Welt der Improvisation zu ermöglichen. Nicole Johänntgen lebt mittlerweile mit ihrer Familie in Zürich.