„Fantasia Corona“
Die Orgel kann mit ihrer klanglichen Vielfalt Geschichten erzählen. Daher wäre es verschenkt, würde man mit diesen instrumentalen Mitteln keine chronologische Nacherzählung der Geschehnisse ab März 2020 versuchen. Ganz klassisch ist der Ansatz, den der 1987 geborene Maximilian Wallrath vor diesem Hintergrund wählt: Eine sechssätzige „Fantasia Corona“, die vom „geselligen Leben in Freiheit“ ausgehend die sich entwickelnden Stimmungen unter Pandemiebedingungen nachzeichnet. Sein Fokus liegt, wie er selbst sagt, auf den „Gefühlswelten vor und während der Pandemie“ – ein „Danach“ deutet sich in der Musik genauso wenig an wie in der Realität. „Das pulsierende Leben wird jäh unterbrochen“, so Wallrath. „Es folgen Eintönigkeit, Trauer, Verzweiflung, Hoffnung, Zuversicht und schließlich Befreiung bei einer ewig bleibenden Gefahr.“ Die Motivik, die das gesellige Leben in Freiheit prägte, verschwindet nach dem Einbruch der Pandemie in der Fantasie nicht vollständig – vielmehr friert sie ein. Wie eine leise Erinnerung bleiben ihre Überreste die ganze Zeit bestehen, zerfasern jedoch, mischen sich mit ungewissen Unterbrechungen, Pausen, Stille. „Erste Lichtstrahlen am Horizont, verfrühter Leichtsinn ist gefährlich“ überschreibt Wallrath den vierten Teil der Fantasie, in dem die pulsierende Thematik vom Beginn zwar deutlich erkennbar wieder auftaucht, sich jedoch dieses Mal selbst zu bremsen scheint. Die musikalische Trübung bleibt für den Rest des Werks bestehen – Elemente der Trauer und Verzweiflung, die Erfahrung der Eingefrorenheit geht in das Wesen der Musik über. Ein „Wie vorher“ wird es nicht geben.
Hannah Schmidt
Zur Video-Aufnahme von „Fantasia Corona“

Maximilian Wallrath
Maximilian Wallrath wurde 1987 in Viersen geboren und ist Komponist, Trompeter, Sänger und Gitarrist. Er singt und spielt in verschiedenen Bands unterschiedlichster Musikrichtungen, etwa in der Düsseldorfer Mundart-Band „WELLEM“ und im Wallrath-Städtler-Trio, dessen Fokus auf dem Jazzrepertoire der 20er, 30er und 40er Jahre liegt. Von 2008 bis 2013 studierte Wallrath am Conservatorium Maastricht Jazz-Komposition und Arrangement. Seit Abschluss seines Studiums widmet er sich insbesondere der Förderung des musikalischen Nachwuchses, u.a. als Singleiter bei der „SingPause“, einem Projekt des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf, das an Grundschulen praktiziert wird. Wallrath ist zudem regelmäßig für das musikpädagogische Projekt „Jedem-Kind-Seine-Stimme“ (JeKiSti) tätig.
